In einem viel beachteten Leserbrief beklagte sich Adolf Köttig über den Mistelbefall an den Obstbäumen in der Gemarkung Melsungen. Köttig „es macht mich traurig und wütend, wenn ich unterwegs bin und die hunderte alter Obstbäume sehe, die von Misteln befallen sind und absterben werden… Warum kümmert sich keiner um diese wertvollen alten Bäume, warum schneidet keiner die Misteln ab, damit die Bäume erhalten bleiben..
Auf Antrag von Stadtrat Martin Gille befasste sich der Magistrat mit dem Problem und fasste am 16.12. unter anderem folgenden Beschluss: „Bei 250 Jungbäumen sollen Misteln durch Rückschnitt entfernt werden. Altbäume sollen nach und nach entfernt und durch Neuanpflanzungen ersetzt werden“.
In der Gemarkung gibt es übrigens ca. 2.200 Obstbäume! (Auf dem Bild: Adolf Köttig)
HNA, 18.01.2021
Melsungen – Nicht nur Spaziergänger mögen den Weg am Kesselberg mit den alten Apfelbäumen am Wegesrand. Offensichtlich auch Vögel, insbesondere die Misteldrosseln. Sie lassen sich gerne in den oberen Zweigen der Apfelbäume nieder. Das Ergebnis: Die Äste hängen voller Mistelpflanzen. Die sehen aus wie Kugeln, manche sind groß wie Medizinbälle. Jetzt, in den Wintermonaten, sind sie in den laubfreien Obstbäumen schon von Weitem zu sehen. Deshalb geht die Stadt Melsungen nun gegen die Misteln vor.
In Melsungen gibt es nach Auskunft von Axel Schäfer, Gartenlandschaftsbaumeister beim Melsunger Bauhof, rund 2200 Obstbäume. Er schätzt, dass rund 15 Prozent von ihnen von Misteln befallen sind. Oberhalb vom Kesselberg ist der Befall der Bäume am stärksten. Betroffen sind vor allem Apfelbäume, aber es gibt Misteln auch in Pappeln, Weiden, Birken, Buchen und Kiefern.
Ab Ende Januar sollen Misteln mitsamt des Asts, auf dem sie wachsen, aus jungen Bäumen herausgeschnitten werden, kündigt Axel Schäfer an. Wie sie dort hingekommen sind? Der Experte erklärt: Die Misteldrossel frisst Früchte der Mistel, und scheidet die klebrigen Kerne wieder aus. Diese keimen auf den Ästen. Die Wurzeln der Mistelpflänzchen dringen in den Baum ein, um an den Wasserfluss des Baumes zu gelangen und um ihm so Wasser zu entziehen. Das kann im Laufe der Jahre dazu führen, dass der Baum abstirbt.
Mit Hochentaster, Leiter und Telelader mit Arbeitskorb werden die Mitarbeiter des Bauhofs bis Ende Februar bei der Obstbaumpflege von Misteln befallene Äste abschneiden. Warum nicht lediglich die Mistelpflanzen abgeschnitten werden? „Die Misteln würden dann wieder austreiben, und nach vier, fünf Jahren wären dann wieder fußballgroße Pflanzen am Ast.“
Bei jungen Bäumen sei die Mistelpflege „sinnvoll und wirtschaftlich“, bestätigt auch Gerald Zöller aus dem Fachbereich Umweltschutz der Stadt. Als junge Bäume gelten Bäume zwischen 20 und 40 Standjahren. Stark befallene alte Apfelbäume müssen möglicherweise gefällt werden. Bei wenigen Exemplaren sei das kein Problem. Sollten es mehrere sein, werde dies natürlich mit den Naturschutzverbänden und der Unteren Naturschutzbehörde in Homberg abgesprochen. Für jeden gefällten Baum wird ein neuer gepflanzt. In der Gemarkung am Kesselberge, wo viele Bäume stark befallen sind, stehen die ältesten Apfelbäume der Stadt. Axel Schäfer sagt: „Das sind unsere Veteranen.“ Sie sind bis zu 90 Jahre alt. Säßen Misteln auf Starkästen, die daraufhin entfernt werden müssten, hätte der Baum keine Chance, sich zu wehren. „Das wäre Frevel.“